WPU: „ZEIG, WAS DU KANNST!“
Zielsetzungen:
Vorbereitung auf Ausbildung und Beruf in Verbindung von IT Kompetenz und Berufsorientierung
Teilnehmer/innen:
Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen (Haupt-Realschulen und IGS`s) – insbesondere aus den Intensivklassen und -kursen.
Alter der SuS: ab Jahrgang 8 im Rahmen von WPU
Inhalt/Ablauf/Zeitplan:
Im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts befassen sich die Schülerinnen und Schüler mit ihren Stärken, Neigungen und Berufswünschen, sie recherchieren Steckbriefe zur Berufsausbildung und weiterführenden Schulen. Sie führen Interviews mit Menschen, die in unterschiedlichen Berufen arbeiten. Und sie produzieren ihre Ergebnisse in Form von Plakaten, Präsentationen, Podcasts und Videobeiträgen.
Im Mittelpunkt steht damit die persönliche Berufs- und Studienorientierung mit Hilfe der der Mediengestaltung.
Schülerinnen und Schüler arbeiten allein und in Teams an Abfragen zu ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung nach dem Schulabschluss. Websites und Printversionen wie „berufenet“ der Arbeitsagentur oder der Berufsbildungsmesse „vocatium“ stehen u.a. im Mittelpunkt.
Projektpartner:
Pilotschule war im Schuljahr 2021/22 die Brüder-Grimm-Schule in Frankfurt.
In Kooperation mit dem Aufnahme- und Beratungszentrum des Staatlichen Schulamtes sowie dem Medienzentrum Frankfurt finden begleitend im Schuljahr runde Tische der beteiligten Schulen statt.
Der Lions Club organisiert eine Abschlussveranstaltung für alle teilnehmenden Schülerinnen und Schüler und finanziert bei Bedarf zusätzliche Kräfte zur Begleitung der WPUs.
Ansprechpartner bei Lions für Fragen, Terminplanung, Buchung:
Rainer Kilian
LionsKilian@web.de
Ein Interview mit Herrn Klaus Schiller.
Lehrer für Mediengestaltung, Informatik und Arbeitslehre an der Brüder Grimm Schule in Frankfurt am Main.
Herr Schiller, Sie unterrichten Mediengestaltung, Informatik und Arbeitslehre an der Brüder-Grimm-Schule und haben im Schuljahr 2021/22 das Projekt „Zeig‘, was Du kannst“ für die 9. Klassen konzipiert und durchgeführt. Was war Ihr Motiv?
Ein Signal setzen in der Zeit nach dem Wechsel-und Hybridunterricht in der Pandemie.
Den Schülerinnen und Schülern Mut machen.
Bitte beschreiben Sie die Ziele des Projektes
Einerseits: Erwerb und die Erweiterung von Kompetenzen in der Berufs- und Studienorientierung, also der BSO.
Gleichzeitig: Förderung der Medienkompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Gespräche mit den Eltern zu führen, Interviews mit Expertinnen und Experten aus der Berufswelt zu formulieren.
Die 60 Schülerinnen und Schüler, die bei diesem Projekt mitgemacht haben sollten, je nach ihren Kenntnissen und ihren Fähigkeiten, in Teams oder auch alleine, ein Thema ihrer Wahl entwickeln. Dranbleiben! Bis zum erfolgreichen Abschluss.
Und Lust und Spaß sollte es auch machen – soweit es die kniffligen Hygienepläne zuließen.
Welche Bedeutung hat die Berufsorientierung für die Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen?
Die Frage „Was will ich werden?“ ist ja für die meisten Mädchen und Jungen noch völlig abstrakt. Etwa wie eine black box, wo man staunend und fragend davorsteht. Wir waren froh und ein wenig stolz, dass wir im Juni 2021 für alle fünf Klassen der Jahrgänge 8 und 9 das Betriebspraktikum stemmen konnten.
Erst so erhielten viele Schülerinnen Schüler für zehn Tage ja erste Einblicke in die Arbeitswelt. Gerade in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie.
In der neunten Klasse findet doch der wichtige Prozess des „Was will ich überhaupt?“ statt. Die Kinder sind mitten in der Powerphase – oder in der Verzweiflung. Also voll auf der Suche!
Diese Phase, sich dann noch neben „dem Traumberuf“ einen Wunschberuf vorstellen zu sollen, zu können, ist herausragend wichtig. Und anstrengend für Alle!
Wie sind Sie vorgegangen, um den Schülerinnen und Schülern eine Vorstellung von bestimmten Berufen zu vermitteln?
Ich habe einfach geredet und gepredigt: Suchen. Finden. Mut haben und Kontakt aufnehmen. Zeig‘, was du kannst!
Wie sonst haben Sie, habe ich die Arbeitswelt erkundet?
Zwar führen die gesundheitliche Sicherheit und die Hygieneregeln mehrfach zu Absagen und zeitlichen Verzögerungen, was Betriebsbesuche betraf. Aber, unsere Lösung lautete: Analog, digital – egal! Führe ein Telefoninterview mit dem Chirurgen oder der Pfarrerin, bereitet eine Videoschalte mit der Kriminalkommissarin der hessischen Polizei vor, filmt die Oldtimer in der Klassikstadt und sprecht dazu euren Text auf die Tonspur.
Eine wichtige Unterstützung war hierbei das Medienzentrum Frankfurt, weil ich hier im Vorfeld konkrete methodische Schritte und den technischen Bedarf besprechen konnte.
Natürlich spielt in solchen WPU-Kursen der komplette Kanon von Recherche, Auswertung bis zur Präsentation eine tragende Rolle. Da sind die gängigen Quellen, zum Beispiel die Steckbriefe auf berufenet der Arbeitsagentur, gute Websites von kleinen und mittleren Unternehmen und Portraits öffentlicher Dienstleister wie der VGF und Mainova. Besuche beim Berufsinformationszentrum, dem BIZ, und Unterrichtsgänge zu unseren Kooperationspartner Continental, Samson und Brandenburg fielen aber allesamt aus.
Also: Erfinderisch sein!
Welche Rolle spielt die Medienkompetenz und das Verständnis digitaler Medien für die Schülerinnen und Schüler im Rahmen dieses Projektes?
Es ist heute, in der Zeit der sozialen Netzwerke eine Abstimmung mit den Füßen: Motivierte, medienaffine Schülerinnen und Schüler machen heute ihr Ding, wenn, ja wenn sie wissen, wie sie ihren Inhalt, neudeutsch content, kreativ umsetzen können. Medienkritik und Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung sind ja immer noch im Kern die vier Säulen der Medienkompetenz nach Dieter Baacke. Diesen theoretischen Überbau können junge Menschen in der neunten Klasse noch nicht komplett erfassen. Das ist dann die Aufgabe von guten Lehrkräften, diese Aspekte an passender Stelle zu vermitteln.
Das Projekt wurde im Rahmen des Schulformates eines Wahlpflichtunterrichts (WPU) organisiert. Warum haben Sie diesen Rahmen gewählt?
Das Schulformat Wahlpflichtunterricht bietet Freiräume und Freiheiten, die in den meisten Lehrplänen der Haupt- und Nebenfächer natürlich so nicht möglich sind. Bei WPU`s kann man es tatsächlich besser. Voraussetzung sind engagierte Lehrkräfte, die zeitlich freie Ressourcen besitzen.
Denn: Projektarbeiten und Produktionsphasen mit Kreativität, Phantasie, Versuch & Fehler, Erfolg und Misserfolg benötigen einfach: Zeit und Personalressourcen. Das ist der springende Punkt.
Ich habe verstanden, dass Ihnen Zusammenarbeit der Schülerinnen und Schüler für dieses Projekt wichtig war. Die drei 9. Klassen umfassen insgesamt 60 Schülerinnen und Schüler. Wie haben Sie hier Teamarbeit ermöglicht?
Erstens, didaktisch: Aus den vielen, vielen Stichwörtern und Aspekten des Strategiepapiers der Kultusministerkonferenz der Bundesländer: „Bildung in der digitalen Welt“ die relevanten Kompetenzen heraussuchen und überlegen: Wie kann das in einem halben, einem ganzen Schuljahr zeitlich klappen?
Was können wir leisten, was sind voraussichtlich, realistisch, diese drei WPU-Kurse in der Lage in Teams zu erreichen?
Zweitens, praktisch: Viel, sehr viel reden, zuhören, beobachten, überlegen, Ansagen machen, mitschreiben, diagnostizieren, wieder überlegen, loben, wohlwollend kritisieren, ermutigen
Einfach Zeit nehmen für Gespräche in Pausen und nach der Schule, Kommunikation per Mail, Telefon Videositzungen. Und das Ganze dann wieder laufend von vorne.
Zentral wichtig aber ist: Vertrauen schaffen. Das ist der Schlüssel zu erfolgreicher Teamarbeit.
Organisatorisch stellt ein ist ein solches Projekt sicher erhebliche organisatorische, zeitliche und finanzielle Anforderungen an die Lehrkräfte. Hatten Sie Partner, die geholfen haben das Projekt zu verwirklichen?
Hier, bei „Zeig, was du kannst“, war unsere selbstgewählte, gewachsene, entwickelte Partnerschaft der Brüder-Grimm-Schule mit den Lions Club Frankfurt Museumsufer, dem Aufnahme-und Beratungszentrum des Staatlichen Schulamtes, dem Medienzentrum Frankfurt und dem Amt für Bildungsforschung und Lehrkräftebildung der Goethe-Uni nur die logische Konsequenz für solch ein Medienprojekt. Unsere „Digitale Runde“, war in vielerlei Hinsicht eine Win-Win-Situation.
Die persönliche und menschliche, finanzielle und zeitliche Unterstützung ist für ein Projekt dieser Größenordnung an einer typischen staatlichen Schule lebensnotwendig
Wie gesagt, solche komplexen Medienprojekte kosten viel Zeit.
Gewinner sind die aktiven und engagierten Schülerinnen und Schüler: Mit ihren Erkundungen, Erlebnissen und gesammelten Erfahrungen.
Sie haben sie sich selbst gezeigt, was sie vielleicht noch nicht können oder aber doch! Das ihr Erfolg.
15.10.2022
Zur Person von Klaus Schiller:
Dipl. Pol. Unterrichtet seit 2002 Mediengestaltung, Informatik und Arbeitslehre an der Brüder Grimm Schule in Frankfurt am Main.
Auszeichnungen u.a. der LPR Hessen/ des Hessischen Kultusministeriums für innovative Medienarbeit in Ganztagsschulen und das Medienkonzept „Handys (r)aus“
HmdJE/ Netzwerk gegen Gewalt.
Das Interview führte Hansjörgen Kuhn
Projektleiter des LIONS Projektes Together-Frankfurt.